1. Mai während Corona – unsere Forderungen!

Der Tag der Arbeit sieht dieses Jahr anders aus, als wir es uns alle erhofft haben – auch unsere geplanten Aktionen mussten auf Grund der momentanen Situation abgesagt werden. Aber der Tag der Arbeit ist immer noch der Tag, an dem wir in Erinnerung an die vorherigen Kämpfe gegen Herrschaft und Ausbeutung klarmachen, dass diese Welt immer noch nicht hinzunehmen ist – wir wollen mehr!

Eigentlich sollte dieses Jahr zum ersten mal seit viel zu langer Zeit eine Konstanzer 1. Mai Demo stattfinden, organisiert von einem breiten linken Bündnis aus Parteien, OAT und den Gewerkschaften. Dazu kommt es jetzt leider nicht – aber wir haben unsere Forderungen digitalisiert. Teilt sie und verbreitet sie weiter!

Und klar, wir wollen mehr als einen nur netteren Kapitalismus, aber ein bessere Arbeitsbedingungen hier und jetzt sind etwas, dass wir so oder so auch wollen.

Der erste Mai ist der Tag der Arbeiter*innen – wir sehen uns bald wieder auf der Straße!

Boris auf die Palme gebracht – Protest gegen „Grünen“ law-and-order Politiker in Konstanz

Das Offene Antifaschistische Treffen Konstanz (OAT) demonstrierte vergangenen Dienstag gegen den Besuch des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer. Dabei kommt es auch zu einem verbalen Schlagabtausch zwischen Palmer und Aktivist*innen. Auch die Konstanzer Jungen Grünen zeigen sich solidarisch mit der Aktion.

Boris Palmer hat sich nicht den besten Termin ausgesucht, um sein neues Buch „Erst die Fakten, dann die Moral“ vorzustellen: Wenige Stunden zuvor haben sich verschiedene linke Gruppierungen versammelt, um auf der Markstätte eine Kundgebung gegen das menschenverachtende Vorgehen der EU gegen Geflüchtete an der türkisch-griechischen Grenze abzuhalten – ein Vorgehen, das Palmer kurz zuvor auf facebook begrüßt hatte. Schon lange zuvor hatte Palmer den Einsatz von Waffengewalt zum Schutz der EU-Grenzen gefordert; nur einer von vielen rassistischen Ausfällen des Tübinger Oberbürgermeisters. Bei seiner Ankunft im Konstanzer Osiander erwartet ihn bereits eine Gruppe von Aktivist*innen, die Flyer an die Besucher*innen der Buchvorstellung verteilen, auf denen das OAT über Palmers schlimmste Entgleisungen informiert: Etwa über seinen Plan, schutzsuchende Menschen nach Syrien abzuschieben; über seine Fantasien, „störende“ Geflüchtete unter ständiger Polizeiaufsicht in weit abgelegene Unterkünften zu verfrachten; oder über sein Selbstbekenntnis, „niemals“ ein „Anti-Rassist“ zu werden.

Tatsächlich gibt sich Palmer vorerst redebereit: Er freue sich, dass sich „endlich mal jemand die Mühe gemacht“ habe, ihn „korrekt zu zitieren“, behauptet aber, die Zitate seien „aus dem Zusammenhang gerissen“ worden. Unerklärlicherweise fordert er, die Aktivist*innen sollen sein Buch „erstmal lesen, bevor sie es kritisieren“ – obwohl sein Buch gar nicht Thema der Debatte ist. Manche der Aktivist*innen entgegnen ihm scherzhaft, sie würden das Buch lesen, wenn er dem OAT ein kostenloses Exemplar zukommen ließe; ein anderer entgegnet, er würde Palmers „rassistische Scheiße nicht lesen“ – gefundenes Fressen für Palmer, der die Gelegenheit ergreift, sich selbst wieder als Opfer einer „undemokratischen“ Debattenkultur zu inszenieren. Auf die Nachfrage eines Passanten, wie Palmer es mit seinen Einstellungen verantworten könne, noch Teil der Grünen zu sein, entgegnet Palmer nur knapp „Ich bin grüner als die meisten in meiner Partei“, dreht sich um und geht. Insgesamt dauert die Auseinandersetzung nur wenig mehr als fünf Minuten. Obwohl es Palmer ist, der die Gespräche nach kurzer Zeit beendet, behauptet er wenig später gegenüber den Anwesenden seiner Buchvorstellung, seine Kritiker*innen seien nicht zu Gesprächen bereit gewesen – wieder einmal tritt der OB als Opfer auf, deutet jede Kritik in undemokratische Angriffe um.

Auch der Konstanzer Oberbürgermeister Ulli Buchhardt ist an dem Abend anwesend – und nutzt die Gelegenheit für fröhliche Selfies mit seinem Kollegen, den er auf facebook als „scharfe[n] Analytiker, kluge[n] Kopf, unbequeme[n] Denker, streitbare[n] Querkopf, geschätzte[n] Kollege[n]“ und „unterhaltsame[n] Redner“ lobt. Dass der Konstanzer OB keine kritischen Worte für Palmers menschenunwürdige Pläne in der Flüchtlingspolitik findet, überrascht wenig – war es doch Buchhardt, der sich 2018 über den Gemeinderatsbeschluss hinwegsetzte, Konstanz zum Sicheren Hafen zu erklären. Ein Abend, der zwei Menschen vereint, die gemeinsam eines beweisen: Auch Lokalpolitiker tragen eine Mitverantwortung für die Gewalt an der Europäischen Außengrenze.  

AfD Protest in Weingarten 5.3.

Am Donnerstag, den 5.3.2020 veranstaltet die EU-Fraktion „Identität und Demokratie“ (ID, Zusammenschluss aus Lega, Rassemblement National, AfD, etc.) einen Vortrag mit anschließender Diskussion im Kultur- und Kongresszentrum (KuKoZ) in Weingarten. Einlass ist um 19:00 Uhr und die Veranstaltung soll um 19:30 Uhr beginnen.

Die Veranstaltung wird vorallem mit den deutschen ID-Fraktionsmitgliedern MdEP Jörg Meuthen und MdEP Joachim Kuhs beworben, weshalb viele AfD-Anhänger_innen so wie Parteifunktionär_innen erwartet werden.

Mit dem Bündnis „Wir bleiben mehr“ rufen wir zum Gegenprotestes auf!

Ab 18 Uhr zur Kundgebung vor dem KuKoZ!
Zeigen wir lautstark, dass wir rechte Hetze und Menschenfeindlichkeit nicht dulden!

Hiç unutmadık, unutmayacağız!
Kein Fussbreit den Faschisten!
Wir organisieren eine gemeinsame Anreise aus Konstanz, bei Interesse nehmt Kontakt mit uns auf!

Stellungnahme zur Südkurier Berichterstattung

 
Nachdem wir als OAT am Sonntag aus gegebenem Anlass eigene Rechercheergebnisse zu Wodans Erben Germanien (WEG) in Wallhausen veröffentlicht haben („Terrorzelle Gruppe S – Spuren führen auch nach Konstanz“[1]), kann man diese nun auch als Südkurierrecherche im Print nachlesen („Recherchen des SÜDKURIER ergeben: Die braunen Spuren führen auch in die Bodensee-Region“)[3].
 
Darüber hinaus bilden zwei Interviews den Kern des Artikels, in denen WEG-Leader Thomas Lohr („Er mache sich Gedanken um seine Frau“) und WEG-Webshopbetreiber Jürgen Schwarz („Er mache sich Gedanken um seine Familie“) Raum gegeben wird, ihre Sorgen und Ängste zu teilen, die man sich als Anführer bzw. Unterstützer einer rechtsradikalen Organisation so einhandelt.
 
Tommy Lohr zeigt sich zudem fassungslos („Ich war fassungslos“), dass (mindestens) zwei seiner Mitglieder Teil einer rechten Terrorgruppe sind. Und es ist ja auch nicht zu fassen, dass Mitglieder eine Gruppe, die sich unverhohlen zum Nationalsozialismus bekennt und in Asylbewerberunterkünfte eindringt[2], Gewalttaten gegen Asylbewerber nicht ausschließen würden.
 
Bezeichnenderweise wird auch in diesem Artikel grundsätzliche Gewaltbereitschaft hauptsächlich erst mal mit Links assoziiert und die Frage nach derselben dementsprechend auch nur dem „Antifa-Mann“ gestellt. Während Lohrs („Er ist ein feiner Kerl“ – Schwarz) Kameraden Handgranaten und Schusswaffen horten, um bundesweit Moscheen anzugreifen, hilft es nicht, als Ausgleich eine Gefahr von links herbeizufantasieren.
 
Es ist trotzdem begrüßenswert, dass unsere Recherchen breiten Anklang finden. Mit der Veröffentlichung wollten wir einen Beitrag zur Aufklärung des rechten Terrors leisten. Dieser Beitrag unabhängiger Antifa-Arbeit kommt in der öffentlichen Wahrnehmung häufig zu kurz, aber bleibt weiterhin wichtig.
 
Die Parallelen von Gruppe S und dem NSU liegen auf der Hand: Wieder konnte sich eine Gruppe Neonazis unter den Augen von Polizei und „Verfassungsschützern“ bewaffnen und Anschläge planen. Eine solche Gruppe ist unberechenbar, reiner Glücksfall, dass es noch nicht zum Anschlag kam.
 
Wir zeigen aber auf: zu jeder rechten Terrorzelle gibt es ein Unterstützer- und Finanzierungsnetzwerk und die sind diesmal eben direkt vor der eigenen Haustür.
 
[1] https://oatkn.blackblogs.org/2020/02/16/terrorzelle-gruppe-s-spuren-fuehren-auch-nach-konstanz/
[2] https://www.sueddeutsche.de/muenchen/rechtsextremismus-wodans-erben-verfassungsschutz-muenchen-nuernberg-1.4366132
[3] https://www.suedkurier.de/baden-wuerttemberg/Rechte-Umtriebe-in-der-Region-Nazi-Terrorzelle-hatte-Verbindungen-an-den-Bodensee;art417930,10444595

Terrorzelle Gruppe S – Spuren führen auch nach Konstanz

Dieses Wochenende gab es bundesweite Razzien gegen eine rechte Terrorzelle, die die Behörden „Gruppe S.“ nennen. Im Zuge dessen wurden 12 Haftbefehle ausgestellt, nachdem diverse Hausdurchsungen stattfanden.
Gruppe S, benannt durch die Behörden nach dem Anführer Werner Somogyi (Facebook: Werner Schmidt) aus Mickhausen bei Augsburg, gründete sich im September 2019 bei einem Treffen in Altdorf (Rems-Murr-Kreis).
Bei den Verdächtigen entdeckte die Polizei unter anderem Schusswaffen und Handgranaten. Besonders brisant: einer der Verdächtigen ist selbst bei der Polizei NRW.

Rekrutiert hat die Gruppe vor allem aus den Neonazi-Bürgerwehren. So berichtet „SWR“ von Verbindungen zu Soldiers of Odin und „Sachsen-Anhalt Rechtsaussen“ zu Vikings Security Germania.(1)
Die Neonazi-Gruppe „Wodans Erben Germania“ ist eine Nachfolge der Soldiers of Odin, der bayrische Twitter Account z.B. hat sich lediglich umbenannt (2).
Wodans Erben haben seit geraumer Zeit einen Schwerpunkt in Konstanz. Hier fanden mehrere Treffen statt und auch der bundesweite Versandhandel der Neonazis wird über die Firma H-Design von Jürgen „Hoschi“ Schwarz in Konstanz betrieben.
Als Treffpunkt dient ein Hof, den „Gnadenhof Wallhausen“, am Tobelweg in Konstanz-Wallhausen gelegen.
Im benachbarten Wohnhaus lebt das Neonazi-Paar Thomas Lohr und Daniela Kremerius, die zu Werner Somogyi Kontakt pflegten.
Thomas Lohr benutzt seinen roten Dodge, der in Konstanz zugelassen ist, auf diversen Treffen und Campingausflügen der Wodans Erben.

Jürgen „Hoschi“ Schwarz stellt einen besonderen Unterstützer der Wodans Erben dar, denn er ist gut in das Konstanzer Stadtleben integriert. Seine Firma listet als Referenzen alles vom Konstanzer Theater bis zum Billigbordell. Auch einige Fasnachtsvereine, in denen Jürgen Schwarz selbst aktiv ist, sind Kunden der Firma.
Auf seinem Facebookprofil finden sich in der Freundesliste Thomas Lohr, Markus Wodanssohn, Andi Odin, Daniela Kremerius, Frank Holl und Mike Schattmann. Alles Admins der Wodans Erben Facebookgruppe. Außerdem alles Freunde von Werner Somogyi, der nicht mal 180 Freunde auf Facebook hat.

Nachtrag: Die Besitzerin des Hofes ist an uns herangetreten  um klarzustellen, dass das Paar nicht direkt auf dem Hof wohn und sie zum Zeitpunkt der Treffen nicht wusste, dass dies eine Neonazigruppe ist. Die entsprechenden Formulierungen wurden im Text klargestellt.

(1): https://lsa-rechtsaussen.net/terror-razzien-in-sachen-anhalt-unterstuetzer-rekrutiert-aus-neonazi-buergerwehr/
(2): https://twitter.com/Soldiersof0din

 

Vortrag Rechter Terror von Robert Andreasch


Nach der Selbstenttarnung des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) im November 2011 zeigten sich viele überrascht: Neonazis, die abgetaucht sind, Serienmorde, Nagelbombenanschläge und Raubüberfälle begehen?
Die gesellschaftliche Ignoranz wurde danach jedoch nicht von einer nachhaltigen Auseinandersetzung mit der Gefahr von rechts abgelöst. Nach dem Mord an dem hessischen CDU-Politiker Walther Luebcke (Juni 2019) oder den Attentaten in Halle (Oktober 2019) äußerten sich Politiker_innen, Sicherheitsbehörden und Journalist_innen erneut „überrascht“.

Robert Andreasch erzählt die einhundertjährige Geschichte rechtsterroristischer Gruppen, Netzwerke und Täter_innen in Süddeutschland, von der „Thule-Gesellschaft“ über die „Kabus-Gruppe“, die Wehrsportsgruppen, die „Deutschen Aktionsgruppen“ über den NSU bis zu den Netzwerken von „Combat 18“ und „Südkreuz“. Wie konnten die Attentate jeweils so schnell wieder in Vergessenheit geraten? Welche politischen Kampagnen von rechts wurden und werden durch Anschläge begleitet und warum? Welche Konzepte des bewaffneten Kampfes wurden und werden in den hiesigen rechten Szenen diskutiert und umgesetzt? Wie sahen und sehen die gesellschaftlichen Bedingungen jeweils aus?

Robert Andreasch (München) arbeitet als auf die extreme Rechte spezialisierter Autor, Journalist und Gutachter.

Ab 18:00 Uhr Einlass/Essen
Ab 19:00 Uhr Vortrag
im Cafe Mondial

Invasion der Türkei und Anschlag auf Synagoge in Halle

Vorgestern, am 09. Oktober fanden zwei Ereignisse auf statt, die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben scheinen – der Einmarsch der türkischen Armee in Rojava und der Anschlag eines deutschen Neonazis auf die Synagoge in Halle, bei dem zwei Menschen getötet wurden.

Der Angriff der türkischen Armee ist Teil eines jahrezehntelangen Kampfes um die Vorherrschaft im Nahen Osten, der syrische Bürgerkrieg Schauplatz der Auseinandersetzung verschiedener imperialistischer Staaten. Rückendeckung für ihr Tun bekommt die Türkei auch vom deutschen Staat, denn der Flüchtlingsdeal zwischen der EU und der Türkei finanziert auch das türkische Militär und sichert der Türkei zwar nicht die offene Unterstützung, aber doch die praktische Billigung ihres Tuns durch die EU-Mitgliedsstaaten.
Und warum handelt die EU so? Warum ist ihr die Tatsache, dass die Türkei 3,6 Mio. Geflüchtete aus Syrien an der Weiterreise hindert, 6 Milliarden Euro und den Verrat an der kurdischen Bewegung wert?
Ein Grund dafür ist in dem Rechtsruck zu finden, der in vielen europäischen Staaten die bis dato etablierten Parteien unter Druck setzte und denen Stimmen nahm – ein Rechtsruck, der aus dem ganzen rassistischen Potential der bürgerlichen Gesellschaft heraus entstand und auch die anderen Parteien vor sich hertreibt. Angetrieben von diesem Rechtsruck sehen sich die aktuellen Herrschenden genötigt, auf die Interessen dieser „besorgten Bürger“ einzugehen. Dazu gehört eben, dass man der Türkei Milliarden bezahlt, damit diese Millionen geflüchteter Syrer*innen an der Weiterreise hindert. Wenn Horst Seehofer vor einer (wie vor ein paar Tagen geschehen) vor einer neuen „Flüchtlingswelle“ warnt, hat das zwei Sachen zu bedeuten: Erstens, der Flüchtlingsdeal wird nochmals verteidigt und der Rassismus wird angeheizt: denn nichts macht den Rassist*innen dieses Landes mehr Angst, als die Vorstellung dass noch mehr hilfesuchende Menschen sich in Sicherheit bringen können. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, wenn faschistische Gruppen und Ideologien Aufwind bekommen, ob jetzt die identitäre Bewegung oder die rassistischen Mobs in Städten wie Schneeberg, Bautzen, Freital oder Chemnitz und vor allem auch die AfD, die zwar (noch?) nicht geschlossen faschistisch ist, aber das Bindeglied zwischen bürgerlichen und faschistischen Rechten ist. Und bei diesem gesellschaftlichen Klima ist klar, dass auch Neonazis in ihrem Wahn sich bestätigt fühlen und sich auserkoren sehen, alleine gegen die herbeiphantasierte Islamisierung anzukämpfen. Und in nazistischer Tradition deuten sie die Geschehnisse der (Welt-)Politik antisemitisch: hinter allem tatsächlichen und auch vermeintlich Schlechten der modernen Welt sehen sie Juden – egal ob Feminismus oder Immigration. Am Antisemitismus dieser Menschen hat sich in den letzten 100 Jahren nichts geändert.
Umgekehrt füttert der rechte Terror und Rassismus das islamistische Narrativ, dass der Westen einen Kreuzzug gegen alle Muslime führen würde und nur die Umma Schutz bietet – eine Umma, die sich selbst von allen „degenerierten“ Elementen befreien muss. Und der islamistische Terror der daraus entwächst ist Wasser auf den Mühlen derer, die vor der Islamisierung warnen und sie eigentlich kaum erwarten können, die rechten Bürgerkriegsfanatiker, die schon Todeslisten führen und Waffen sammeln.

Ob jetzt islamistisch und faschistisch aufgeladener Imperialismus oder Neonazis, einig sind sie sich in ihren Feindbildern: die moderne Gesellschaft und was sie alles dafür halten. Die Feinde sind alle, welche nicht als Teil der eigenen Nation begriffen werden: Feminist*innen, die Menschen mit der „falschen“ Religion, queere Personen, Menschen ohne Papiere, Linke und Jüd*innen.

Unsere Antwort darauf kann nur Solidarität sein: Solidarität mit den Kurd*innen, Araber*innen und Ezid*innen in Rojava, Solidarität mit den Jüd*innen in Deutschland und der ganzen Welt.

Und was wir tun können? Als erstes: uns solidarisch zeigen, mit den Opfern der Gewalt und ihren Angehörigen. Dann: in die Offensive gehen, rechte, islamistische und antisemitische Strukturen angreifen. Unserer Wut Ausdruck verleihen, laut sein. Den kapitalistischen Normalzustand angehen, nicht vergessen, dass Faschismus und Islamismus ihren Nährboden in Armut und Ausgrenzung haben solange es kein linkes Gegenangebot gibt.

Alerta Antifascista & biji berxwedana rojava!

Prozess gegen junge AfD-Gegnerin

Während einer Veranstaltung des AfD-Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon im September letzten Jahres kam es zu gewaltsamen Übergriffen durch Veranstaltungsteilnehmende und die Polizei gegen eine junge, protestierende Frau (Sie wünscht, anonym zu bleiben). Trotz des ihr geschehenen Unrechts muss sie sich zum Julibeginn für ihr demokratisches Engagement vor Gericht verantworten: Der fadenscheinige Tatvorwurf lautet „Angriff auf Vollstreckungsbeamte“. Durch dieses Vorgehen gefährdet die Polizei Konstanz mit Hilfe der Staatsanwaltschaft Konstanz legitimen Protest gegen menschenverachtendes Gedankengut, schützt dessen Wortführer und versucht, von ihrem eigenen Fehlverhalten abzulenken.

Wir als OAT Konstanz wurden von der betroffenen Frau kontaktiert, um uns mit ihrem Fall an die Öffentlichkeit zu wenden. Für uns als Antifaschist*innen ist klar: Betroffen ist eine, gemeint sind wir alle!

Zur Finanzierung des Prozesses bitten wir um Spenden, am Ende des Textes finden sich die entsprechenden Kontodaten. Wir bedanken uns!
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Zum Hintergrund:

Am Montag, den 17.09.2018 fand gegen 20:00 Uhr eine Veranstaltung des
Holocaustleugners und ultrarechtem AfD-Landtagsabgeordneten Wolfgang
Gedeon in der GEMS in Rielasingen-Arlen (bei Singen, Landkreis Konstanz) statt [1]. Der völkisch-nationalistische Rassist und Antisemit geriet zuletzt mit einem breiten Skandal an die
Öffentlichkeit, weil er laut einem Gerichtsbeschluss offiziell als
Holocaustleugner bezeichnet werden darf [2]. Das hinderte die Gemeinde
Rielasingen-Worblingen nicht daran, ihm Räumlichkeiten zur Verfügung zu
stellen, in denen er gemeinsam mit Stefan Räpple (ebenfalls MdL AfD) in
einem öffentlichen „politischen Diskussionsabend“ [s. 1] über die Frage „Was
geschah in Chemnitz [im September 2018]?“ aufklären wollte [s.1]. Wie zu erwarten, nutzten die AfD-Abgeordneten die Veranstaltung für rassistische und antisemitische Hasstiraden:
So wurde die im Rahmen des Chemnitzer Stadtfestes am Sommerende 2018 [3] verübte rechte Hetze und Gewalt wurde während der Veranstaltung beschönigt und relativiert. Außerdem leugnete Gedeon den im gleichen Zeitraum stattgefundenen, polizeilich gefahndeten Angriff auf ein jüdisches Restaurant von mutmaßlichen Rechtsradikalen [s.3]. Antisemitische Verschwörungstheorien und rassistische Denkmuster wurden – wie gewohnt – bespielt [4].

Wie auch wir vom OAT entschließ sich die junge Frau dazu, diesem menschenverachtenden Gedankengut von Stefan Räpple und Wolfgang Gedeon, der bei den letzten Landtagswahlen erschreckende 20,1% der Stimmen gewann [5], etwas entgegenzusetzen.

Mit lautstarkem Protest, Parolen wie „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“ und Pfeifen wurde die Veranstaltung von jugendlichen Aktivist*innen gestört, um Gedeon und seinen
AnhängerInnen den Abend zu vermiesen. Daraufhin kippte die Stimmung im Veranstaltungsraum schnell: Die SympathisantInnen der AfD – überwiegend männlich und deutlich über 30 – begannen die Störer*innen verbal und körperlich anzugehen, unter dem Einsatz körperlicher Gewalt wurden die ersten Aktivist*innen aus dem Saal befördert. Ab diesem Moment war die Atmosphäre sehr geladen und aggressiv. Der von Gedeon selbstorganisierte Saalschutz-Prügelknabe trat beispielsweise einen jungen Mann in den Rücken gegen eine Tür, woraufhin diese anhaltenden Schmerzen davontrug. Weder Wolfgang Gedeon noch die anwesenden Gäste empörten sich über diesen brutalen Eklat. Nur ein Veranstaltungsteilnehmer versuchte einzugreifen und rief „Keine Gewalt!“, wurde jedoch von allen vollständig ignoriert.

Aufgrund dieser ersten Eskalation wurden mehrere Polizeibeamte samt einer Hundestaffel der Polizei Konstanz angefordert, welche nach kurzer Zeit in das Geschehen eingriff: die verbliebenden Aktivist*innen wurden allesamt von aggressiven, gewaltbereiten VeranstaltungsteilnehmerInnen mithilfe der Polizei unter Einsatz physischer Gewalt des Raumes verwiesen.

Neben den Aktivist*innen des OAT waren auch andere Personen an den
Protesten beteiligt, darunter jene junge Frau, die sich jetzt vor Gericht verantworten soll. Stillschweigend hielt sie im hinteren Teil des Veranstaltungssaals ein
Transparent hoch, auf dem ein Zitat aus der ‚Welt‘ zu lesen war: „GEDEON
darf HOLOCAUSTLEUGNER genannt werden“. Sie wurde ebenfalls von den Veranstaltungsteilnehmenden vor den Augen der anwesenden Polizeibeamten gewaltsam aus dem Raum befördert, beleidigt, körperlich angegangen und sogar mit erhobenen Stühlen bedroht. Die junge Frau musste sich gegen den wütenden Mob wehren. Diese extrem bedrohliche Situation versetzte sie in einen emotionalen Ausnahmezustand, als sie von den Polizeibeamten aus dem Veranstaltungssaal geschoben wurde. Aufgebracht konfrontierte sie die Beamten damit, dass sie demokratischen Protest verhinderten, als Reaktion darauf wurde sie von einem Polizeibeamten gewürgt, gewaltsam zu Boden gedrückt und festgenommen.

Die Konfrontation der Polizei bezüglich ihrer Vorgehensweise führte diese jedoch nicht
zur Einsicht, dass deren Handeln unverhältnismäßig und brutal war. Sie erkennen nicht, dass sie gescheitert sind, ihrer Aufgabe, demokratische Meinungsäußerungen zu schützen und die körperliche Unversehrtheit aller Anwesen zu gewährleisten, nachzukommen. Stattdessen werden die panischen Versuche der jungen Frau, die gewaltsamen Übergriffe der Polizei mit ihren Händen abzuwehren, nachträglich in Faustschläge auf Polizeibeamte umgedichtet und strafrechtlich verfolgt.

Mit großer Sorge betrachten wir die Entwicklung der Ereignisse an jenem Abend. Uns verwundert es nicht, dass eine öffentliche Diskussionsveranstaltung eines Landtagsabgeordneten derart aus dem Ruder laufen kann, aber weniger wütend sind wir dennoch nicht:

Dass ein solch brutales Vorgehen in Anbetracht des aufsteigenden Autoritarismus der Neuen Rechten inzwischen normalisiert und hingenommen ist. Dass Wolfgang Gedeon seinen eigenen Saalschutz dabeihat, der Kritiker*innen der AfD, die von ihrem Recht auf Meinungsäußerung Gebrauch machen, körperlich angreift. Dass diese Gewalt von den anwesenden VeranstaltungsteilnehmerInnen als eine legitime Reaktion auf linke Aktivist*innen betrachtet wird. Dass das Vorgehen der Polizei zuallererst diejenigen trifft, die Opfer rechter Gewalt geworden sind und nicht die Täter.
Die Polizei missbrauchte an diesem Abend erneut ihre Macht und muss mal wieder nicht mit Konsequenzen für ihr Verhalten rechnen. Solche Fälle der strukturellen Ungerechtigkeit reihen sich in Deutschland. Solange die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte im Dienst und die Aufarbeitung polizeilichen Fehlverhaltens durch eine unabhängige Instanz weiterhin nicht durchgesetzt werden, wird sich daran auch nichts ändern – denn das politische Interesse an einer kritischen Kontrolle der Polizei ist nicht vorhanden, wie die Verschärfung der Länder-Polizeigesetze zeigt [6] [7].

Wir verurteilen die antidemokratische, rassistische und antisemitische Grundhaltung der AfD, deren WortführerInnen rechte Gewalt befeuern. Die stattgefundene, folgenlose Polizeigewalt trägt zur Ebnung des Weges zum aufsteigenden gesellschaftlichen Autoritarismus bei.

Das Gerichtsverfahren am Anfang Juli trifft die Falsche. Das ist ein Schlag in das Gesicht für alle, denen etwas am Recht auf freie Meinungsäußerung liegt und die sich für ein solidarisches und diverses Miteinander einsetzen und ein weiterer Einschüchterungsversuch gegen antifaschistisches Engagement.

Solidarische Grüße
OAT Konstanz

Konto: Volksbank Konstanz
Inhaberin: Sozialistische Jugend Deutschland-Die Falken Ortsgruppe Konstanz
Iban: DE65692910000226651608
Verwendungszweck: Antirepression Rielasingen

Nachweise

[1] http://www.wolfgang-gedeon.de/2018/09/erinnerung-17-sept-2018/
[2] https://www.welt.de/politik/deutschland/article172556716/AfD-Mitglied-Gedeon-darf-Holocaust-Leugner-genannt-werden.html
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Ausschreitungen_in_Chemnitz_2018
[4] https://www.seemoz.de/lokal_regional/ich-war-in-einem-rosa-polohemd-in-chemnitz/
[5] https://www.seemoz.de/lokal_regional/antisemit-gedeon-in-rielasingen/
[6] https://www.welt.de/regionales/nrw/article190833287/Bochum-Forscher-untersuchen-Dunkelfeld-der-Polizeigewalt.html
[7] https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/Staatstrojaner-in-der-Kritik-Verfassungsbeschwerde-gegen-BW-Polizeigesetz,verfassungsbeschwerde-polizeigesetz-100.html

Kritische Psychologie – Marxistische Gegenpositionen zu kapitalistisch beeinflussten Standpunkten der Psychologie

In den Fokus der von 1968ff. am Wissenschaftsbetrieb geriet auch die Psychologie, insbesondere deren experimenteller Mainstream: Der Mensch werde dort als isoliertes Individuum konzeptioniert, losgelöst von historischen und gesellschaftlichen Bezügen, mit
dem Ziel dessen Reaktionen auf äußerliche Einflüsse zu untersuchen; letztlich sei die Psychologie Herrschaftswissenschaft und Anpassungstechnik. Demgegenüber setzt das Menschenbild der aus der Studierendenbewegung hervorgegangenen Kritischen Psychologie keinen Gegensatz zwischen Individuum und Umwelt, sondern berücksichtigt die Tatsache, dass Menschen genuin gesellschaftliche Wesen sind, d.h. gesellschaftlichen Bedingungen unterstehen und , diese aber auch gleichzeitig verändern können. Im Vortrag sollen die Konsequenzen eines solchen Menschenbildes für die (Kritische) Psychologie und ihre wichtigsten Begriffe eingeführt werden.

Wann: 23.05.19
Wo: Universität Konstanz, Raum D406